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Bericht von der Deutschen SchülerAkademie 2024

Liebes Tagebuch, als ich dort ankam, war ich dermaßen nervös. Von der Akademieleitung habe ich einen Schlüssel mit einem Namensanhänger erhalten, auf dem unser Kursname auch steht. Mit dem Schlüssel habe ich mein Doppelzimmer im Haupthaus aufgeschlossen.

Kleiner Überblick zu den Gebäuden:

  1. Das Haupthaus aka Gewächshaus
  2. Der Seeflügel
  3. Das Künstlerhaus
  4. Das Gästehaus
  5. Das RUZ (Regionales Umweltbildungszentrum)

Das RUZ war quasi wie die Aula, der Treffpunkt für alle nach dem Frühstück im Haupthaus. Wohnhaft war ich im Haupthaus mit dem einzigen Vorteil, dass ich ein paar Meter vom Speisesaal entfernt war und mir somit in jeder Nachmittagsschiene Kuchen schnappen konnte. Ein Nachteil, der nicht nur auf das Haupthaus begrenzt ist, sind die zahlreichen Mücken.


Allgemeines:

Jede Akademie hat einen ähnlichen Aufbau. Es gibt regulär den Kurs und die kursübergreifende Aktivitäten (KüAs). In der Kurszeit hatte man seinen Kurs besucht (Dauer dreieinhalb Stunden pro Einheit), in den man sich eingewählt und am Ende einen Platz erhalten hat. Unter den kursübergreifenden Aktivitäten kann man sich Ganztagsangebote (genauso wie in der Schule) vorstellen, die drei Stunde lang liefen und dementsprechend die langen Kurszeiten ausgeglichen haben; einmal gab es die KüAs in der Nachmittags- und Abendschiene.

Zudem hatten wir auch zwei besondere Ereignisse: die Exkursion & die Projektarbeit. Beide liefen an verschiedenen Tagen, wobei die Projektarbeit zwei Tage lang stattfand und die Exkursion nur einen Tag dauerte. Die Leitung hatte mehrere Exkursionen (5-6) und Projektarbeiten angeboten.


Exkursion:

Ich habe mich endgültig für die Gedenkstätte Esterwegen als Exkursion entschieden und diese auch besucht. Die Leitung organisierte einen Bus für die verschiedenen Exkursionen. Die Gedenkstätte Esterwegen ist ein Konzentrationslager (1933) im Landkreis Emsland gewesen, d.h es waren politische Gefangene, allgemein als kriminell angesehene Menschen, die dort unter menschenunwürdigen Bedingungen leiden mussten. Vor der Führung um das Gelände hatte die Leiterin uns eine kleine Einführung gegeben, in der wir Bilder zur Entstehungs- und Nachkriegszeit des Konzentrationslagers interpretieren sollten. Außerdem hatte die Leiterin uns detailliert den Übersichtsplan des KZs erklärt. Ein interessantes Element zum heutigen Stand der Gedenkstätte ist die Pflanzung von Baumpakete, die als räumliche Vorstellung der abgerissenen Baracken dienen. In einem dieser “Baumpakete” konnte man sich mithilfe der Bilder aus der Einführung das Leid, die Entmenschlichung und Einengung vorstellen, obwohl kaum noch etwas übrig geblieben ist. Was mich innerlich bewegt hat, war das Gemälde von einem Häftling, der die Bestrafung eines anderen Häftlings gezeichnet hat. Die Bestrafung war die kalkulierte Auspeitschung des halbnackten Häftlings draußen von einem gekleideten SS-Mann vor allen anderen Häftlingen und einem Arzt, der gar nicht eingriff und nur dort offensichtlich stand, um die bestimmte Anzahl der Auspeitschung zu aufzunehmen. Wenn der Häftling bewusstlos war, fing die Auspeitschung wieder von vorne an. Am Ende strömte aus dem Rücken des Häftlings Blut, und er wurde dazu aufgefordert, auf dem steinigen, eckigen Laufweg zu rollen. Es war für mich gruselig, denn wir standen alle auf demselben Laufweg, als die Leiterin das Gemälde weiter beschrieb. Und falls der Häftlinge die grausame Strafe weiterhin überlebt hätte, wäre er im dunklen, isolierten und kleinen Zimmer einer besonderen Baracke tagelang ohne Essen eingesperrt worden. Eine Stille herrschte über uns. In dem Augenblick trauerte ich innerlich. Im Anschluss gab es noch eine kleine Diskussion, wie man die Gedenkstätte für die nächsten Generationen zugänglich macht, damit sie nicht in Vergessenheit gerät, sondern in Erinnerung bleibt, dass sich so etwas nie in der Zukunft wiederholen darf.

Es war eine sehr lehrreiche und nachdenklich machende Erfahrung.


Projektarbeit:

Für die Projektarbeit habe ich mich auf die sogenannte “Müllmusik” eingelassen. Zu Beginn war ich sehr skeptisch, denn die Leiterin der Projektarbeit (gleichzeitig meine Kursleiterin) meinte, wir sollten nun fast alles aus Müll produzieren. Ich habe mich gefragt, wie wir innerhalb von zwei Tagen Instrumente aus Müll herstellen können und am Bunten Abend auftreten sollten.
Ja, es war eine Herausforderung.
Am ersten Tag waren wir mit unseren geliehenen Fahrrädern sofort unterwegs in der Stadt. Wir waren beim Wertstoffhof, die Mitarbeiter haben uns sehr verblüfft angeguckt, was Jugendliche hier zu suchen haben. Selbstverständlich haben wir erst nachgefragt, ob wir überhaupt den Müll mitnehmen können.
Wir verbrachten über eine Stunde dort, um die Akustik der zahlreichen hoch potenziell verwertbaren Materialien zu testen, z.B. Trinkflaschen, Gitter, Obstschalen, Fahrradspeichen, Gasflaschen usw.
Sobald wir ausreichende Bestandteile für unsere jeweiligen Instrumente gefunden hatten, fuhren wir weiter zum Autowerkstatt in der Hoffnung, dass der Müll der Firma etwas Attraktives anbietet. Jedoch haben wir nichts brauchbares für das Projekt gefunden. Zuletzt gingen wir zum Altglascontainer in der Nähe eines Supermarktes. Mit Glück haben wir eine junge Dame und ihre sieben Alkoholflaschen kurz vorm Entfernen erwischt und sie aufdringlich, aber auf eine nette Art und Weise gefragt, ob wir ihr die Flaschen abnehmen dürfen, um aus den Flaschen ein Xylophon herzustellen. Sie dachte bestimmt, wir wären Psychopathen, dennoch schenkte sie uns die Flaschen und grinste uns an. An anderen Orten waren wir auch unterwegs und haben Müll aufgehoben und dementsprechend auch richtig entsorgt.
Stunden später, als wir wieder auf dem Gelände der Akademie waren, fing das handwerkliche Geschick an.
Um euch die Lesezeit zu ersparen: Wir haben aus Müll, Kastagnetten, Trommeln, Schlagzeug Set, Gitarre, Rasseln und ein Zupfinstrument geschaffen. Zudem mussten wir auch ein Programm für unser Projekt entwickeln, um es dann am Bunten Abend vorzustellen. Wir hatten uns das Oberthema “Natur, Müll und Mensch” überlegt. Zum einen wollten wir eine nonverbale Geschichte durch unsere Instrumente und die aufgenommen Klänge von der Natur und vom Eingriff des Menschen in die Natur präsentieren, zum anderen hatten wir kleine Untereinheiten geplant, z.B. “Errate dieses Lied”-Spiel (Jingle Bells; Take Me Home, Country Roads; und Forrest Gump) und “Seven Nation Army” von The White Stripes gespielt. Ich musste durchgehend auf meine Zunge beißen, um einen Lachanfall zu vermeiden.
Allgemein war ich überrascht, dass die Projektarbeit sehr gut gelaufen ist, denn ich war skeptisch gegenüber der mangelnden Zeit, aber durch die Menschen und ihren Enthusiasmus hatte ich mehr Spaß gehabt als erwartet.


Kurs:

So, jetzt komme ich endlich zum Hauptthema. Mein Kurs hieß “Heiße tropische Herausforderung: Die Bedeutung des Klimawandels für die Ausbreitung von Infektionskrankheiten” oder auch Kurs 6. Der Kurs fand im oberen Raum des RUZs statt. In meinem Kurs handelt es sich allgemein um die Tropenmedizin.
Die Kursleiterinnen (Auguste und Freia) planten verschiedene Einheiten für die zwei Wochen (pro Tag zwei Einheiten). Jede Einheit sollte uns am Ende eine Grundfähigkeit beibringen.  Was ich persönlich an diesem Kurs toll fand, war, wie abwechslungsreich die Kursleiterinnen die Einheiten gestaltet haben. Es gab neben den biologischen Themen (z.B. der Malaria-Lebenszyklus und in welchen Stadien man einen Impfstoff einsetzen kann, AB-dependent Enhancement mit Bezug auf Dengue, virales hämorrhagisches Fieber, usw.), auch politische, geschichtliche, medizinische und berufliche Themen.
Ich gebe jeweils zu den einzelnen Themen ein bis zwei Beispiele.


Biologisch-medizinisch: Dieses Gebiet war nämlich der Schwerpunkt. Die Leiterinnen haben immer einen allgemeinen Überblick geschaffen, z.B. Fachvokabular, die Erreger der Infektionskrankheiten, Modell der Infektionswege, verschiedene Nachweise des Erregers (Polymerase Kettenreaktion, Antigennachweis, usw.), Dengue Fieber und sein Verlauf, Malaria-Lebenszyklus, usw., damit wir solche Themen auch vertiefen konnten. Beispielsweise  hatte Freia mit der neuen Information zum Lebenszyklus der Malaria das Thema der Impfstoffentwicklung eingeleitet. Ab welchem Stadium sollte man den Impfstoff einsetzen? Sollte ich ihn kurz vor der Übertragung der geschlechtlichen Zellen vom Mensch auf die Mücke einsetzen, obwohl der Patient nicht symptomfrei ist? Es war ein Thema, was mich auf jeden Fall schnell fasziniert hat.Projekt

Anschließend durften wir uns in kleinen Gruppen auf das zweite Referat vorbereiten (das erste Referat mussten wir alleine vorbereiten und schon vor der Ankunft schon parat haben). Meine Gruppe hatte sich für die Affen-Malaria entschieden. Wie der Name schon impliziert, wird diese Infektionskrankheit vom Affen auf den Mensch übertragen. Wieso kann überhaupt diese Übertragung stattfinden? Die Mücke spielt wie bei der bekannten Übertragung von Mensch über Mücke zu Mensch eine große Rolle. Die Affen aka Reservoirs tragen die sogenannte Anopheles-Mücken (Vektor) mit sich, die dann auf normalen Wege den Menschen bzw. Endwirt stechen. Um überhaupt gestochen zu werden, muss der Mensch in Kontakt zu Affen und zu Mücken kommen. Dies geschieht letztlich durch Abholzung und Zerstörung der Lebensräume der Tieren aus wirtschaftlichen Gründen. Epidemiologisch betrachtet, kommt sie häufiger in Südostasien vor, insbesondere in Malaysia, denn Malaysia hat alleine die allermeisten autochthonen (heimischen) Fälle, die sich dann ausbreiten und zunehmend in anderen Ländern heimisch werden.
Bei der Diagnose wird es durchaus problematisch, denn im Blutaustausch ähnelt es (Plasmodium knowlesi/ Erreger der Affen-Malaria) dem Plasmodium malariae, und die Symptome ähneln sich der P. falciparum. Ich mache hier einen Stopp, weil dieser biologische Teil immer weiter in die Länge gezogen werden kann.

Politisch: Neben biologischen Themen beschäftigten wir uns im Kurs sowohl mit politischen, als auch mit geschichtlichen Themen. Direkt am ersten Kurstag begannen wir mit dem offenen Brief der WHO über die Klimakrise und zu welchen gesundheitlichen Folgen diese beiträgt.
Hauptsächlich ging es darum, wie dieser Brief auf uns wirkt: besteht dort eine Dringlichkeit oder wird in dem Brief nur übertrieben? Wie könnten die Adressaten reagieren, werden sie etwas unternehmen?
Anschließend haben wir uns unterschiedliche, prognostizierte Todeszahlen durch den Klimawandel von einzelnen Quellen aus verschiedenen Suchmaschinen näher angeguckt. Die Zahlen variieren von etwa 250 000 bis 9 Mio., was nicht überraschend ist, weil das gesuchte Thema und die Zahlen von der Qualität und Vertrauenswürdigkeit der Quelle abhängig sind und entweder sehr spezifisch oder vage sein können.
Geschichtlich haben wir uns mit Albert Schweitzer und Robert Koch befasst, u.a mit der Kritik an beiden Medizinern zu ihrer Zeit und aus einer modernen Sicht.
Um mehr zu erfahren, habe ich ein separates und detailliertes Dokument zum Kurs angefertigt, u.a werden im nächsten Jahr unsere Dokumentationen zu jeder Einheit im Kurs (auch von den anderen Kursen) als gesamtes Buch gedruckt.  


Kursübergreifende Aktivitäten:

Wie schon am Anfang genannt, sind die KüAs mit GTAs vergleichbar, denn wir durften selbst die Aktivitäten organisieren und veranstalten.TeilnehmerInnen
Mein bester Versuch alle aufzuzählen:

  1. Chor
  2. Orchester
  3. Model United Nations (MUN)
  4. Malen, nebenbei Matheaufgaben lösen
  5. Lesen und Schreiben
  6. Ballspiele
  7. Volleyball
  8. Schwimmen
  9. Improv-Theater
  10. Tischtennis
  11. Joggen, Laufen
  12. Eis essen
  13. Exit-Game bzw. Escape-Game lösen
  14. Triathlon
  15. Basteln
  16. Kanufahren bis 2 Uhr morgens
  17. Kartenspiele
  18. Raumschiff bauen
  19. Programmieren, im Anschluss Programmierwettbewerb
  20. Tanzen
  21. Müll sammeln
  22. Dungeons and Dragons
  23. Sich mit dem Zeugen Jehovas unterhalten
  24. Zirkus

Ich habe mich manchmal sehr geärgert, denn häufig haben meine Lieblingsaktivitäten gleichzeitig stattgefunden, das heißt, ich musste mich für eine entscheiden, obwohl ich gerne bei der anderen gewesen wäre. Meine Top 3 Lieblingsaktivitäten waren Chor, MUN und Kanufahren im Anschluss Sternenhimmel beobachten.

Zu guter letzt, die Menschen. Ich hatte mir Sorgen gemacht, dass die Menschen viel zu hochnäsig und angeberisch sein könnten, aber sie waren ganz das Gegenteil. Abgesehen davon, dass alle sehr intellektuell waren und viel Wissen mitgebracht haben, ging es nicht darum, wer die beste Leistung erbringen kann, sondern ob wir uns untereinander verstanden haben, sodass wir uns die schönsten zwei Wochen gestalten konnten. Die Motivation und Offenheit der Menschen war erfrischend. In drei Worten würde ich sie als beeindruckend, inspirierend und warmherzig bezeichnen.

Das Einzige, was mir nicht gefiel, war die begrenzte Zeit. Ab der zweiten Woche lief alles viel zu schnell. Sich voneinander zu verabschieden war schwer, denn man hat zahlreiche tolle Menschen kennengelernt und die Freundschaften vertieft. Plötzlich sieht man sich nicht mehr täglich. Ich hätte mir so sehr gewünscht, dass die Akademiezeit um eine weitere Woche hätte verlängert werden können. Eine solche Zeit bleibt einfach unvergesslich und ich vermisse sie sehr.

Vielen Dank fürs Lesen!

Cathy Ng - Q4

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