
Vorlesewettbewerb an der Rhenanus-Schule: Abenteuer in Raum und Zeit
Im dritten Corona-Jahr gibt es wieder ein Stück Normalität mehr, nun auch beim Vorlesewettbewerb der Rhenanus-Schule: Letztes Jahr musste Organisator Till Bevern diesen Lese-Contest den Corona-Regeln zufolge noch in die Turnhalle verlegen – und im Dezember 2020, dem ersten Jahr der Pandemie, konnten Leser/innen und Jury sich nur im ganz kleinen Kreis treffen, samt Masken und Hygienekonzept.
Nun also wieder volle Präsenz in der vollbesetzten Aula: Gut hundert Kinder des Jahrgangs 6 versammeln sich, um die besten Leser/innen zu erleben und zu feiern.
In der Jury neben Michaela Deutschmann-Weise von der Schulleitung die Siegerinnen der letzten beiden Jahre, Julia Bremser (G8b) und Marie Kühlke (G7a). Als Nestor fungiert Buchhändler und Wettbewerbs-Urgestein Wolfgang Frühauf.
Als erste Leserin führt Jolanda Schramm (G6b) ihr Publikum in die Rocky Mountains, wo der Gestaltwandler Carag lebt: halb Mensch, halb Berglöwe, streift er voller Neugierde und dabei ganz auf sich allein gestellt durch die Wildnis. Dort muss er viele Gefahren bestehen, bis er ein geheimes Internat für Woodwalker entdeckt und endlich einmal so etwas wie Heimat erlebt (Katja Brandis: „Woodwalkers 2. Gefährliche Freundschaft“).
Lorena Jeria-Naranjo aus der G6a hingegen begleitet ihre Zuhörer auf den Amselhof, den Schauplatz von Nele Neuhaus‘ Roman „Elena – Ein Leben für die Pferde“ - ein Buch nicht nur für Pferde-Liebhaberinnen, geht es hier doch auch um Tim, den Sohn der benachbarten und verfeindeten Sonnenhof-Familie. Ausgerechnet in ihn hat Elena sich verguckt. Romeo und Julia auf dem Lande. – Lorena hat für ihren Vortrag die folgenreiche Passage ausgewählt, in der Elena und Tim einander zum ersten Mal begegnen.
Atemberaubend wird es, wenn Naja Schwarz (F6a) mit virtuoser Stimmführung eine Szene aus dem Roman „Baddabamba…und die Insel der Zeit“ von Markus Orths vorträgt: Das Gift einer schwarzen Spinne sorgt dafür, dass die 10-jährige Paula nicht nur immer kraftloser wird. Ihre Lebenszeit wird obendrein für einen ganzen Tag angehalten: 24 Stunden lang wird sie immer wieder dieselbe Sekunde erleben. Das kann doch nicht so schlimm sein – oder..? – Auf der Insel Chronossos dreht sich eben alles um die Zeit, und die Heldin Paula muss viele Abenteuer und merkwürdige Geschöpfe überwinden, um in ihre eigene Zeit zurückzukehren.
In eine Zeit, in der es in Schulen noch Klassenbücher gab, entführt Maximilian Scharff (F6b) das Publikum: Er liest aus Juma Kliebensteins Roman „Die schlimmste Klasse der Welt“. An der Gutenbergschule kracht es: Die 24 notorisch nervigsten Kinder bekommen wieder einmal eine Standpauke und einen Klassenbucheintrag. – „Diese Klasse hat mich an meine eigene erinnert“, behauptet der Vorleser mit seinem charmanten Lächeln. Lehrer erleben Maximilians Lerngruppe jedoch ganz anders.
Nachdem die Kandidaten Passagen aus diesen selbstgewählten und häufig geübten Werken vorgetragen haben, kommt der gefürchtete Pflicht-Parcours: der Fremdtext, auf den sie sich nicht vorbereiten konnten. Veranstalter Till Bevern hat dazu – gewiss nicht ohne Hintersinn – Andreas Schlüters Roman „Achtung, Zeitfalle!“ ausgewählt, der zunächst wiederum in einer lärmenden Schulklasse spielt. Dort ist gerade ein „Wunder“ verkündet worden, eine „Sensation“: Nach langen Jahren des Wartens findet endlich wieder eine Klassenfahrt statt – ein Gefühl, das sicherlich auch Schüler/innen im wahren Leben vertraut vorkommen mag.
Die Romankinder jedenfalls reisen nach Florenz… und werden dort einen Geheimgang ins 16. Jahrhundert finden.
Die Kinder in der Aula hingegen müssen sich noch eine ganze Weile in Geduld üben, bis die Jury zum Ergebnis gelangt: Siegerin des Tages ist Jolanda vor Lorena sowie vor Naja und Max, die sich den dritten Platz teilen. Alle Kandidaten erhalten einen hochverdienten Buchpreis.
Juror Wolfgang Frühauf betont, wieviel Spaß ihm auch dieser Wettbewerb wiederum gemacht habe. Mit Freude beobachte er, wie die Kinder ihr Lese-Interesse, aber auch ihre Lesetechnik seit den Vorlesewettbewerben an der Grundschule weiterentwickelt haben.
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